Müllers Mühle, Mühlenweg 3, 01558 Großenhain/Folbern
Vernissage Donnerstag, 12.12.2024, 17-20 Uhr
Danach nach individueller Absprache bis Sonntag, 22.12.2024, 12:00 Uhr geöffnet.
Kontakt: 0176 64390122, post@hmatt.de
Italien, Römer und Mittelalter in der Toskana
Seit ich mich erinnern kann, interessiert mich das Römische Reich. Es begann in der vierten oder fünften Klasse in der DDR etwa Mitte der 1980er Jahre. Grundlegende Fächer spalteten sich mit dem neuen Schuljahr in weitere auf. So wurden aus dem Fach Heimatkunde drei: Biologie, Erdkunde und Geschichte. Etwas diffus kommen mir Ur- und Frühgeschichte, Altertum und schließlich Römische Antike zurück in mein Gedächtnis. In der Folgezeit wurden Themen wie Kirche, Hexenverbrennungen, Revolutionen und Weltkriege behandelt. Sowohl das was vor dem Römischen Reich, als auch das was danach behandelt wurde, fesselten meine Aufmerksamkeit nicht sonderlich. Auch die vier Jahre Schulzeit nach der sogenannten Wende 1989 änderten daran nichts. Mein Geschichtsinteresse existierte nicht, bis ich nach meinem ersten Studium und ein paar Jahren Berufsleben in Hamburg anfing Malerei zu studieren. Meine Interessengebiete begannen aufzublühen. Schule hatte glücklicherweise nicht nachhaltig geschafft mein Geschichtsinteresse auszulöschen. Mit meiner zweiten Italienreise vor zwanzig Jahren blühte es auf. Es fiel mit dem Beginn meines nächsten Studiums zusammen. Während der Ferien am Ende des Sommersemesters verblieben meine damalige Freundin und ich für ein paar Tage in Rom. Mit dem Leonardo Express ging es vom Flughafen ins Zentrum. Wir fuhren durch lange Vorstädte bis sich das lange Gefährt am ersten antiken Bauwerk entlang schlängelte: Einem riesigen Aquädukt, an das sich solange meine hungrigen Augen hefteten, bis der letzte Stein des antiken Bauwerkes hinter einer Hausecke verschwand. Das war mein Appetitanreger für das alte Rom. Ich freute mich, hatte ich bis dato doch keine römischen Überreste zu sehen bekommen. An den Folgetagen ließen wir uns durch die Stadt treiben und fanden neben dem Forum Romanum, dem Kolosseum oder dem Pantheon einiges vor. Wir aßen Eis, ich fotografierte brav und verwertete hinterher malerisch nahezu nichts. Das kam mit Ausnahme von zwei Verona-Ansichten Jahre später. Obschon ich in Summe drei Jahre Spanisch studierte, es zu meinen bevorzugten Sprachen gehört und mein Italienisch sich auf ein paar touristische Termini beschränkt, dominiert Italien und das Römische Reich meine Gedankenwelt. Die hispanische Peninsula – obwohl ähnlich bereist – nimmt bei mir eine untergeordnete Stellung ein. Seit 2019 wurde es nach einer weiteren Italienreise in die Region Puglia konkreter. Neben der Malerei, begann ich in Ton zu modellieren. In rascher Folge entstanden Köpfe, Torsi, Figuren und meine Bibliothek wuchs ab sofort auch zum Thema Antike. Meine letzte bildhauerische Arbeit in Leipzig vor Wegzug war die Büste Hannibal Barkas´. Darüber wuchs mein Interesse und ein weiterer antiker Themenkomplex setzte sich in meinem Hinterkopf fest. Darüber zu berichten, wäre jetzt zu früh. Es existieren Skizzen. Umsetzungen in Malerei oder als Plastik werden zu gegebener Zeit folgen.
In diesem Jahr fand nun meine fünfte Italienreise zusammen mit meiner Frau statt. Für die Dauer von vier Wochen ging es über den Brenner nach Italien. Obgleich wir längst im digitalen Zeitalter angelangt sind, fotografiere ich wieder analog. Immer wenn mir Motive wichtig und auf meine Malerei ausgerichtet sind, hole ich meine Mittelformatkamera hervor und lade sie mit nostalgischen Rollfilmen. Italien hat selbstverständlich weit mehr als nur Antike zu bieten. Sprechen wir über italienische Kunst, kommen wir an Michelangelo und seinen Fresken nicht vorbei. Die habe ich bis heute allerdings immer noch nicht persönlich gesehen – die Aufnahmen der Massen, die durch die Sixtinische Kapelle gescheucht werden, schrecken mich ab. Als einmal in Chemnitz die russischen Peredwischniki gastierten, erlebte ich als einer der Besucher wie wir im Gänseschritt durch das Museum geschoben wurden. Mensch an Mensch klebend ging es die Museumstreppe rauf und genau einmal an jedem Bild vorbei. Es ist entsetzlich, gezwungen zu sein, Kunstwerke auf diese Weise zu konsumieren. In den Vatikanischen Museen scheint es mir ähnlich. Der Besucher zu viel, an Tempo eindeutig zu hoch und der Abstand zur Decke unvermeidbar groß. Man benötigt ein Opernglas fürs Sehvergnügen. – Es gibt einen exzellenten Katalog des Gesamtwerkes Michelangelos, der hochprofessionelle Aufnahmen inklusive Detailfotos beinhaltet. Den besitze ich natürlich. Doch Michelangelo bleibt an dieser Stelle ebenfalls angedeuteter Exkurs in meine üppige Gedankenwelt. Sich hier darüber zu verlieren, würde den gegebenen Rahmen überdehnen.
Nach der Fahrt über Alpen und Dolomiten, durch die Poebene und ein paar Stopps in norditalienischen Städten wie Mantua, kamen wir in der Toskana an und entschieden uns nach einem Tag in Siena für die südwestlich gelegene Abtei von San Galgano. Der Bau, heute eine vielbesuchte Ruine, entstand bereits im ausgehenden Mittelalter. Man sieht es den spitzbogigen gotischen Steinen deutlich an und genau diese Abtei ist Thema einer meiner neuen Malereien.
Die Vorarbeiten, genauer Untermalung für mein Bild Abbazia di San Galgano, waren nach einem Tag abgeschloßen. Ich habe mich bereits in Richtung der prädominierenden Tonwerte vorgearbeitet. Nachdem ich Gitternetz ausmaß und Proportionen übertrug, lasierte ich mit wenigen Tönen zwischen Terra di Siena und Sepia. Das mit Titanweiß und den beiden vorgenannten Farbtönen gebrochene Himmelblau setzte den ersten Komplementärkontrast. Seit drei Jahren trug ich in der Abgeschiedenheit meines Skizzenbuchs die Idee zweier intriganter Mönche herum. Erinnerungen an den Film Der Name der Rose lenkten ein wenig meine Hand. Seitdem hatte ich große Lust die Zeichnung in eine Malerei einzubetten. Allerdings fehlte mir das richtige Ambiente, bis ich in der Abtei den idealen Ort für das vorliegende Figurenpaar fand. Bevor ich die kahlköpfigen Herren einbauen konnte, mußte ich zeichnerisch ein wenig nachjustieren. Im Grunde genommen waren sie mir zu barfüßig. Darüber hinaus ist mir aufgefallen, daß in der ersten Entwurfszeichnung die Fußstellungen der zwei zu ähnlich sind. Wiederholung von gleichen Dingen gelten in der Kunst als langweilig, d.h. z.B. gleiche Abstände, Formen oder wie erwähnt gleiche Fußhaltungen. Ein Bild muss an jeder Stelle anders aussehen. Selbst wenn es scheinbar gleich ist, dann ist eine minimale Variation wohltuend zunächst für mein Malerauge und später für das des Betrachters. An dieses Credo versuche ich mich beim Komponieren stets zu halten. Die Ästhetik liegt im Variantenreichtum. Schließlich mußten sogar die Fingerchen des Beleibten feister sein. Sie waren bislang zu zart gebaut.
Und so nahmen die Dinge für dieses und jenes Bild ihren Lauf. Ich zeige einiges Neues und berichte aus meinem Fundus an Ideen an besagtem Tag der Vernissage oder nach individueller Absprache.